Welche Angebote gibt es eigentlich über das Bundesleben hinaus, um über den Tellerrand zu blicken und mit neuen Menschen unbekannte Länder und Kulturen zu erkunden – und auf Großfahrt zu gehen?
Flora (aus unserem Bund) teilt ein paar ihrer überbündischen Erlebnisse von der Weltfahrtenstaffel – ein großes Abenteuer gerade für junge Frauen.
Drei Monate in drei Ecken der Welt und irgendwie ist alles ganz verschieden und doch ganz gleich. Mal ist es flacher, mal steiler; mal baumiger, mal kahler; mal kuhiger, mal kameliger. Mal ist es wärmer mal kälter, aber beim Wandern mit unseren Rucksäcken, in die wir alles stopfen, was es für so viele Monate draußen braucht, schwitzen wir eh immer. Gute Menschen treffen wir immer, Sternenhimmel machen nicht müde, Lagerfeuer bleibt unser liebstes Fernsehprogramm, der Gewürzbeutel immer grenzwertig siffig-chaotisch.
2019 sind die ersten von uns auf Weltfahrt aufgebrochen. Die Idee: Es soll nie wieder aufhören! Wie ein Staffellauf eben. Corona hat es uns schwierig gemacht, eine kleine Unterbrechung zwischen März/20 und Oktober/21 gab es also doch.
Nun sind wir aber wieder unterwegs. – Vielleicht ja bald mit dir?
März 2019 // Terejl National Park, Mongolei
Nach einem Pausentag am Fluss machen wir uns auf den Weg. Wir wollen am rechten Ufer des Terejl Gol entlang wandern, um drei Flussüberquerungen zu umgehen. Aber die Rechnung geht nicht auf: Bis zum Mittag haben wir bereits vier Flüsse durchwatet und sind nun doch am linken Flussufer gelandet, da uns Steilhang und Eispanzer den Weg am rechten Ufer versperrt haben. Zum Glück baut uns ein umgestürzter Baum bald eine perfekte Brücke zurück. Das mit dem Weg ist schwierig in der Mongolei; mal gibt es Weg, den es auf der Karte nicht gibt und mal gibt es die Seitenflüsse, die wir auf unserer Karte sehen in echt gar nicht. Also folgen wir meist einfach dem großen Fluss. Das ist bestimmt nicht der einfachste Weg, aber immerhin wissen wir so wo wir sind.
Die Welt um uns herum scheint gerade zu Erwachen, die Birken haben saftig grüne Blätter und auch die ersten Frühlingsblumen blühen bereits, während unter uns der Eispanzer des Flusses langsam und knackend schmilzt.
Wir finden einen klasse Lagerplatz für die Nacht, wenn auch etwas nah an einer Straße. Als wir das Tarp aufgebaut haben und am Feuer sitzen, hält plötzlich ein Auto ganz in der Nähe und vier Menschen kommen zu uns rüber. Erst machen wir uns etwas sorgen, wegen unseres Feuers im Nationalpark. Aber ganz unbegründet. Die drei Frauen setzen sich munter schwatzend, wir verstehen kein Wort, und lachend zu uns ans Feuer. Der Mann schießt ein schnelles Handyfoto. Dann – schwuppdiwupp – klettern sie die Berge hoch und sind verschwunden bevor wir wirklich verstehen, was grade passiert ist.
Oktober 2019 // Ile-Alatau, Kasachstan
Die Schneefelder, die wir schon im Verlauf des gestrigen Tages höchst kritisch beäugt haben, scheinen bei unserem Erwachen noch nähergekommen sein. Hat es da vorne etwa neu geschneit? Noch während Flora das Feuer ebenfalls aufweckt und wir anderen dösig im Schlafsack sitzen, erübrigen sich alle weiteren Wetterspekulationen: Da ist er, der erste Schnee unserer Fahrt! Auf Haare, Pullover und Schlafsäcke setzen sich die zügig dicker und dichter werdenden Flocken und mensch kann es sich denken: Wir sind mal wieder verzückt. Alles schnell wasserdicht fertig packen und dann auch uns in Regenhosen, die wir somit tatsächlich im Schnee einweihen können, denn tatsächlich hat es die drei Monate, die wir nun schon in dieser Konstellation unterwegs sind, kein einziges Mal tagsüber geregnet. Zum Glück wärmt der warme Frühstücksbrei mit Aprikosen und Mandeln nicht nur innerlich, sondern auch die kalten Hände vom Wasser auffüllen. Dann muss es schnell losgehen, bevor wir festfrieren.
Schnell schwitzen wir Zwiebeln wie irre unter den Schichten und auch das Atmen fällt heute auffällig schwer. Alle paar hundert Schritte muss pausiert und Luft geholt werden. Skip prescht vor und sucht unsere immer verwehteren Wege. Auch eine Flussüberquerung bringt Herausforderung und wir balancieren alle hochkonzentriert nacheinander über die paar aneinander gebundenen und höllisch glatten Holzbalken. Wir freuen uns, als wir kurz durch ein wenig Wald laufen dürfen und sich unter den großen Fichten wettergeschützte Räume wie Wohnzimmer auftun. Die Mittagsrast bringt energietechnisch viel (Bollen, Riegel und salziger Räucherkäse), wärmetechnisch so gar nichts. Wir frieren bitterlich und brauchen die Tarps, um uns vorm Schnee zu schützen. Der wird immer frecher und wolkiger und wilder. Wir sind sicher noch mehr als eine Stunde damit zugange, Schritte zu zählen und zu atmen.
Dann sind da plötzlich schon die 3400 Meter und sogar ein paar Häuser und gutes buntes Wellblech. Der nervige Hund ist nicht gern gesehen, der kleine Hermelin sehr. Über der Kuppe wirkt kurzzeitig alles ganz friedlich und wir nehmen uns Zeit für eine Backgammon Runde im Schnee, muss ja gleich schon weiter gehen.
Oktober 2021 // Frankreich
Die letzte Woche auf dem Jurahöhenweg haben uns herrlich warme Sonnentage in Tannenwäldern beschert. Die frostig kalten Nächte hingegen fordern all unsere Landstreicherinnenqualitäten für ein geschütztes Plätzchen. Unser Tagespanorama krönt in diesen Tagen der raumgreifende Gipfel des Mont Blanc, der sich schneebedeckt über dem Genfer See erhebt. Die letzten Etappen zwischen dem Vallée du Joux und dem See sind deutlich abgeschiedener. Zwar gibt es auch dort zahlreiche Almen, die im Sommer müden Wanderenden Erfrischung bieten, aber wir stiefeln nach dem Almabtrieb vorbei und treffen so weder Kühe noch die groß angekündigten Wölfe. Am letzten Abend genießen wir ein letztes Mal die wunderbare Sicht auf die Milchstraße oben, die Lichter von Genf unten.
MARSEILLE prangt heute in dicken Filzstiftbuchstaben auf dem Pappschild in meiner linken Hand. Mit der rechten halte ich den Daumen raus. Wir stehen an einer Mautstelle, umgeben von hohen Bergrücken, auf denen sich das Herbstlaub färbt. Die höheren Gipfel hängen noch in den Wolken, auf einigen liegt Puderzucker. Obwohl wir nun schon den dritten Tag nur auf Autobahnen und Nationalstraßen rumstehen, beeindruckt mich die Landschaft: Zuerst die Weinhänge von Savoie und Chartreuse, dann das Belledonne-Massiv am Horizont, und die Route Napoleon, die sich durch die Berge schlängelt.
Am Abend des dritten Tramptags taucht vor uns unerwartet das Meer zwischen schroffen Felsen auf. In der kleinen Küstenstadt Cassis lassen wir den Tag mit einem Wein und der Brandung ausklingen. Falls ihr uns sucht: Wir sind grade baden.
Über uns
Wir sind: Bisher 13 junge Frauen aus bündischen Gruppen, von Wandervogel bis Pfadfinder:innen.
Wenn du mit unterwegs sein magst, dann solltest du zwischen 18 und 28 Jahre alt sein, bereits Großfahrtenerfahren (also schonmal mindestens 3 Wochen gewandert) und 3 Monate bis ein Jahr für die Weltfahrt einplanen können. Das klingt, vor allem für junge Frauen, oft schwieriger als es ist.
Aber wenn man sich erst einmal dafür entschieden hat, geht plötzlich alles ganz schnell!
Komm doch einfach zu unserem nächsten Treffen am (hoffentlich) 18. bis 20. Februar in Heim des Stamm St. Willigis in Mainz. Mehr Infos findest du unter weltfahrtenstaffel.de!
Anmeldung: @
Weitere Inspirationen von Flora, die Teil des „dritten Holzes“ war findet ihr auch in unserem Haddak:
https://haddak.de/neues-von-der-buendischen-weltfahrtenstaffel/